„Lügenpresse“ ist ein Kampfbegriff, der pauschal gegen „die“ Medien eingesetzt wird. Der Vorwurf: Über bestimmte Themen wird gar nicht oder falsch berichtet. In dem Zusammenhang wird oft auf Artikel im Internet hingewiesen, die Themen aufgreifen, die in der „Lügenpresse“ aber nicht vorkommen. Wie es dazu kommt und was dahinter steckt, soll hier geklärt werden. Dabei ist es ein ganz persönlicher Erklärungsversuch, der auf Erfahrung des Autoren beruht.
Der Unterschied zwischen SocialMedia und herkömmlichen Medien
Fernsehen, Radio und Zeitungen waren über Jahrzehnte die einzigen Medien, die Nachrichten aus aller Welt brachten.
Inzwischen ist das Internet mit seinen „sozialen Medien“ (SocialMedia, wie Facebook, Twitter oder Messenger wie Whats App) hinzugekommen. Während in den „herkömmlichen Medien“ ausgebildete Journalisten arbeiten, kann im Internet jeder Meldungen veröffentlichen oder weiterverbreiten („teilen“). Viele Autoren sind meist
Laien, die nicht wissen, nach welchen Methoden Themen oder Meldungen auf Glaubwürdigkeit untersucht werden. Natürlich gibt es im Internet auch Profis, die wissen, wie man das macht. Doch sie sind in der Minderheit.
Der Verbreitung eines Textes im SocialMedia-Bereich
SocialMedia funktioniert wie ein Netz. Ich stehe im Mittelpunkt und rundherum gibt es meine Freunde oder Seiten, die ich abonniert habe. Sehr oft sind meine Freunde auch Gleichgesinnte. In diesem Beispiel teilt mein Freund „A“ einen Text (Es kann sich auch um ein Foto, ein Video oder ein Audio handeln.), der ihm persönlich gefällt und der seinen Ideen entspricht.
Da „A“ diesen Text geteilt hat, lesen ihn auch „H“, „G“, „B“ und „C“. Sie denken ähnlich, wie „A“ und teilen den Text ebenfalls.
Auch „F“, „E“ und „D“ denken ähnlich und teilen den Text.
Am nächsten Morgen wache ich auf und sehe in meiner Timeline, dass acht Freunde einen Text geliked und sogar geteilt haben.
Erfahrungsgemäß hat keiner meiner acht Freunde eine genaue Prüfung (wie man es macht, zeigt mein Prüfpfad) der Quellen des Textes und damit der Aussagen vorgenommen. Meistens wird geliked und geteilt, was einem persönlich gefällt oder die eigene Überzeugung unterstützt. Ich jedoch vertraue darauf, dass, wenn acht Leute dasselbe verbreiten, es stimmen muss.
Und nun schalte ich den Fernseher an und nichts von dem, was ich bei meinen acht Freunden las, erscheint so in den Nachrichten. Auch die Bild und die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichten nicht darüber. Lügenpresse! Oder vielleicht doch nicht?
Der Verbreitung einer Meldung in den herkömmlichen Medien
Unter den Überbegriff „herkömlichen Medien“ zähle ich all die Medien, die ausgebildete Journalisten einsetzen. Das sind meistens Zeitungen, Radiosender und Fernsehstationen, könne aber durchaus Internetportale, Facebook-Seiten und andere SocialMedia-Angebote sein. Natürlich gibt es auch Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und Fernsehsender, die auf den Einsatz professioneller Journalisten verzichten.
Herkömmlichen Medien greifen auf mehrere Quellen zurück. Dazu gehören Nachrichten-Agenturen, Korrespondenten, Reporter, Video- und Bild-Agenturen und andere Medien. Ausgebildete Journalisten bearbeiten den Nachrichtenstrom. Sie wählen aus der Flut der Meldungen gezielt aus und Veröffentlichen nur einen Bruchteil dessen, was passiert. Die Meldungen, die mich erreichen, sind also bereits gefiltert.
Über die Veröffentlichung einer Meldung entscheiden zum Beispiel die Antworten auf folgende Fragen:
- Werden alle Aussagen und Behauptungen belegt?
- Sind Quellen vorhanden?
- Gibt sich der Autor des Textes zu erkennen oder versteckt er sich?
- Hat der Autor vielleicht gewisse Interessen, weil er in einer Partei ist?
- Und kann sie deshalb nicht möglichst neutral und objektiv sein?
- Gibt es (bislang ungeklärte) Abhängigkeitsverhältnisse?
Wie das genau funktioniert, zeigt der Prüfpfad bei QuellenCheck. Hier kann jeder einmal ausprobieren, ob ein vorliegender Text den Kriterien für eine Weiterverbreitung entspricht.
Doch es gibt noch weitere Kriterien:
- Bedeutung des Ereignisses für den Leser, Zuschauer oder Hörer
- Neuigkeit des Ereignisses (gab es das schon mal?)
- Besonderheit des Ereignisses (regelmäßige Geschehnisses finden relativ selten Eingang in Nachrichtenübersicht)
- Meldungslage an dem Tag (an nachrichtenarmen Tagen kommen schon mal Meldungen vor, die sonst nicht stattfinden würden)
Ganz wichtig ist, dass immer mehr als eine Quelle über das jeweilige Geschehen berichtet. Nur, wenn die eigenen Reporter oder Korrespondenten etwas exklusiv haben, dann wird auf andere Quellen verzichtet.
Warum fehlen Nachrichten, die beispielsweise bei Facebook erscheinen, in den herkömmlichen Zeitungen, Radiosendern oder im Fernsehen?
Professionelle Journalisten sind Dienstleister, die dem Hörer, Leser oder Zuschauer vorgeprüfte und ausgewählte Meldungen aus aller Welt anbieten. Dabei werden Kriterien genutzt, die über viele Generationen entwickelt wurden. Durch diese Auswahl passiert es allerdings oft, das Texte, die im SocialMedia-Bereich veröffentlicht wurden, den journalistischen Kriterien nicht standhalten.
Jeder kann Meldungen, die in den herkömmlichen Medien nicht auftauchen, selbst überprüfen. Dafür gibt es in diesem Angebot den Prüfpfad.
Warum denn der Begriff „Lügenpresse“?
Hierzu meine ganz persönliche Ansicht: Herkömmliche Medien, die mit Journalisten arbeiten, die Quellen und angebliche Wahrheiten wirklich hinterfragen, stören politische Organisationen, die es damit nicht so genau nehmen. Deshalb wird den eigenen Anhängern eingetrichtert, dass genau diese Medien Lügen verbreiten. Sollten dann nämlich kritische Berichte über die eigene Organisation in diesen Medien auftauchen, dann sind es automatisch Lügen.